Interview

Patrick Ball

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Geschäftsführer SZ St. Fridolin

Ihr verfolgt ja hier einen etwas anderen Ansatz als in eurer Branche üblich. Bekommt ihr da Rückmeldung von anderen oder Reaktionen in irgendeiner Form?

Nein, von anderen Einrichtungen nicht. Wenn, dann von den Mitarbeiter:innen. Wenn diese auf Fortbildung sind und von unserem Alltag hier erzählen, dass wir mal zu McDonalds gehen oder auch mal ein Schnäpschen trinken. Dann sind die anderen manchmal erstaunt, wie es hier bei uns so zugeht (lacht). Aber auch von den Angehörigen bekommen wir regelmäßig positive Rückmeldungen.

Ich habe generell den Eindruck, dass es bei euch sehr innovativ zugeht. Wie sieht es da bei im technischen Bereich aus?

Guter Punkt, das ist eines meiner Lieblingsthemen (lacht). Was die technische Seite unserer Einrichtung angeht, steht bei uns die digitale Transformation ganz weit oben auf der Tagesliste. Dazu zählt beispielsweise der schon von Lucas Lacher (Einrichtungsleiter, Anm.) erwähnte interaktive „Tavla“-Bildschirm bei uns im Eingangsbereich, mit dem die Bewohner:innen spielen, sich über das Wetter informieren und Menüpläne abrufen können.

Und in der Arbeit mit den Bewohner:innen an sich?

Dort findet etwa die Dokumentation fast nur noch online statt und ist dann auch bei uns im System sofort abrufbar. Oder wir befinden uns aktuell in einer Testphase mit Fieberthermometern, die die aktuelle Körpertemperatur unserer Bewohner:innen direkt in die Dokumentation einspeisen und auch daran, die Spracheingabe bei der Pflegedokumentation im Alltag einzusetzen.

Klingt spannend. Und wie sieht es bei euch in Bezug auf die Arbeitsbedingungen aus?

Auch da gibt es tatsächlich allerhand. So arbeiten wir im Rahmen von „New Work“ permanent daran, wie wir unseren Mitarbeiter:innen noch mehr Mitspracherecht und Eigenverantwortung übertragen können.

Warum? Was versprecht ihr euch davon?

Ganz schlicht bessere Arbeit. Denn wir haben die Beobachtung gemacht: Je mehr die Mitarbeiter:innen selbst entscheiden können, also je mehr wir ihnen zutrauen, desto engagierter sind sie. Was sich wiederum direkt auf ihre Arbeitsleistung auswirkt.

Und wie sieht das konkret aus?

Wir diskutieren gerade, wie wir die Mitarbeiter*innen bei der Gestaltung von Dienstplänen besser einbinden können. Wenn jemand sieht, dann und dann ist ein Engpass, dann kann er oder sie sich da eintragen. Umgekehrt kann man sich dann auch mal außer der Reihe frei nehmen, wenn es erforderlich sein sollte. Das funktioniert bisher erstaunlich gut. Das Ziel lautet, bessere Bedingungen beispielsweise hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen.

Darüber hinaus fragen wir uns immer wieder: Wie können wir noch transparenter in der Führung werden? Wie können wir die Hierarchien noch mehr abbauen und die Kommunikation auf Augenhöhe fördern? Hier hat die digitale Transformation bereits einen Beitrag geleistet. So konnten wir feststellen, dass die Chatfunktion, zum Beispiel von MS Teams, im Vergleich zur klassischen Mail einen deutlich einfacheren Zugang über Hierarchien hinweg bietet. Damit trauen sich die Mitarbeiter:innen, Verbesserungsvorschläge und Ideen direkt an das Leitungsteam zu schicken, was auch von Anfang an sehr aktiv genutzt wird. Angenehmer Nebeneffekt: Wir fördern so auch das eigene Denken und zeigen den Menschen hier, dass ihre Stimme Gewicht hat – und dass sie wertgeschätzt werden. Da das Ganze auf freiwilliger Basis stattfindet und trotzdem so großen Anklang findet, sind wir so überzeugt von diesem Arbeitsmodell, dass es für uns dazu keine Alternative mehr gibt.